Die Spur des Dschingis-Khan : Roman aus dem 21. Jahrhundert by Hans Dominik

Die Spur des Dschingis-Khan : Roman aus dem 21. Jahrhundert by Hans Dominik

Autor:Hans Dominik [Dominik, Hans]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Scherl
veröffentlicht: 1922-12-31T23:00:00+00:00


Eine drückende Stimmung lastete über Peking. Schon bald war sie auf die Freudentage beim Einzuge des Kaisers gefolgt.

Niemals hatte seit diesen Tagen ein Auge den Herrscher wieder erblickt. Die Bulletins der Ärzte blieben auch jetzt nicht immer günstig, sprachen von Ruhe und Schonung, deren der Sohn des Himmels noch bedürfe. Der abnorme Schneefall am Tage des Einzuges war von Abergläubischen als ein böses Zeichen gedeutet worden.

Die hermetische Abschließung des Kaisers gab vielen zu denken. Ebenso wie die Veränderungen in der hauptstädtischen Garnison. Immer neue mongolische Regimenter zogen in die Residenz ein und lösten die alten chinesischen Besatzungen ab.

Wie damals gleich nach dem Attentat, so wurden auch jetzt wieder von neuem energische Schritte gegen alle republikanisch Gesinnten unternommen. Nachrichten aus dem Süden des Reiches, dem alten Herde der republikanischen Bewegung, erzählten von neuen Verfolgungen.

Wozu? … Weshalb? fragte sich die große Menge. Wo war die Gefahr, der man durch solche Maßnahmen entgegentreten wollte?

Im Kaiserpalast hatte der Schanti seit der Rückkehr des Kaisers seinen ständigen Wohnsitz genommen. Wie die Bulletins sagten, war der Kaiser noch nicht so weit erstarkt, um die Zügel der Regierung wieder selbst zu führen.

In dem alten kaiserlichen Arbeitszimmer saß der Regent. Um ihn sein enger Rat.

Mongolisch war hier die Sprache. Ein geübtes Auge konnte wohl auch aus dem Schnitt der Gesichter erkennen, daß kein Chinese dem Kreise angehörte. Nur die treuesten seiner Getreuen, die besten der mongolischen Generale und Staatsmänner hatte der Schanti in diesen Rat berufen.

Damals, als er von Schehol zurückkehrte, den Ring des Dschingis-Khan am Finger, den nahen Tod des Kaisers vor Augen, da hatte er dessen mongolische Paladine zusammengerufen. Er wußte, daß sie ihm nicht alle blindlings folgen würden, daß mancher dem Kaiser treu Ergebene in ihm nur den Rivalen sah.

Mit den Künsten des genialen Staatsmannes hatte er sie für sich zu gewinnen gewußt. Wohl gab ihm der Ring an seinem Finger die Autorität des Regenten, dem sie den Gehorsam nicht verweigern konnten.

Aber Toghon-Khan wollte mehr. Seine Klugheit verbot ihm, diese Macht bedingungslos auszunutzen. Nicht stummen Gehorsam wollte er. Mit Leib und Seele wollte er sie gewinnen, und es gelang ihm. Immer mehr waren sie der Suggestion unterlegen, daß nicht Toghon-Khan es sei, dem sie gehorchten, sondern Kubelai-Khan, der Hwang Ti, der Herr und Kaiser selber. Nur der Träger und Vollstrecker der Pläne und des Willens des kaiserlichen Herrn war der Regent.

Auch wenn der Kaiser von dannen ging, blieben sie alle die Fortführer seiner Gedanken und Absichten, blieben sie ihm nach wie vor Rechenschaft schuldig.

Damals hatte er sie auch mit den Plänen des Kaisers bekanntgemacht. In einer Weise, daß alles, was jetzt auf seine Anordnung geschah, unmittelbar auf den Befehl des Kaisers zu geschehen schien. Jedem von ihnen hatte er große Aufgaben übertragen, die nicht nur Arbeit, sondern auch Ehre und Macht brachten.

Als dann der Tod des Kaisers wirklich eintrat, konnte er es wagen, im Einverständnis mit ihnen jenen ungeheuren Betrug zu unternehmen … der Hauptstadt … ja der ganzen Welt den toten Kaiser als lebendig … als genesen zu zeigen. Dadurch aber hatte er sie noch viel fester an seine eigene Person gefesselt.



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